Planungswerkstatt für das Bahnhofsumfeld Nord
Erklärung zum veröffentlichten Ergebnis
Schöner scheitern?
Die Broschüre zur Planungswerkstatt für das Bahnhofsumfeld ist gedruckt und außer „Spesen“ scheint nichts gewesen. Bunte Bilder und ein Wunschkatalog – Ratlosigkeit macht sich breit. Offenbar sind mehr Fragen entstanden als Antworten greifbar wären.
Die vorgetragenen Anliegen und Beiträge der Bürger/innensind sind kaum wiederzuerkennen – die Übersetzungen der moderierenden Planer/innen aus der Alltagssprache der Bürger/innen scheinen seltsam „schief“.
Die Vorbedingungen bleiben unsichtbar – warum wird der bereits vorliegende Planungsstand der Verwaltung nicht einmal als Zusammenfassung erläutert? Warum wurden die Planungen der Deutschen Bahn zum Rhein-Ruhr-Express nicht berücksichtigt und in ihren Auswirkungen dargestellt?
Geblieben ist ein „Strauß Buntes“, der alles und nichts enthält. So ist der von vielen Teilnehmer/innen vorgetragene Wunsch nach lebendigem Grün in der Stadt zur Karikatur geraten: ein möglichst schmales Band als Verlängerung des Blücherparks wird über bestehende bewohnte Gebäude und die Grüne Straße hinweg, die geplante Auffahrrampe der Busse begleitend, in Terrassen zum neuen Zentralen Omnibusbahnhof hinauf geführt, um im Bereich der Fußgängerpassage zum Freistuhl wie ein Wasserfall mit etwa 6 Metern Höhenunterschied auf den Kinovorplatz hinunter zu stürzen und über das kleine Restgrün vor der Auslandsgesellschaft an den noch vorhandenen Bestand des Keuning-Parks angebunden. Ein großer Schwung, aber eine völlig irreale Konstruktion, zumal die Flächen weitgehend versiegelt sind. -Wie soll hier ein „Grünzug“ jenseits von Stadtmoos und Blumenkübeln entstehen? Offenbar meinen Bürger/innen und Planer/innen etwas gänzlich verschiedenes. So wundert es auch nicht, dass von der ursprünglichen öffentlichen Grünfläche auf der Nordseite des Hauptbahnhofs nur noch ein Viertel übrig bleiben soll – haben das die beteiligten Bürger/innen gewollt?
Dortmund bezeichnet sich als „Energiewende-Stadt“ und hat hierzu einen Masterplan aufgelegt. Der Hauptbahnhof und sein Umfeld sind als Verkehrsknotenpunkt aufs Engste mit den Möglichkeiten zukunftsfähiger Transformation von Mobilität verknüpft. Gerade hier müsste das Neue sichtbar werden – im Rahmen der Planungswerkstatt fand dieses Thema keinen Platz. Der Zentrale Fernbusbahnhof hingegen galt vielmehr als „gesetzt“ – seine Sinnhaftigkeit und die seines Standorts im Stadtzentrum wurden nicht beraten. Der Vorschlag des Stadtplanungsamtes heißt: Die Abgas- und Dreckschleuder hier behalten, aber hochstemmen auf die Gleisebene des Hauptbahnhofs und Grün drüber malen.
Es ist unverständlich, weshalb nach wie vor belastbare Messwerte zu den kleinräumigen Umweltbelastungen und Gesundheitsgefährdungen (Feinstaub, Stickoxide … etc.) im Bereich des Hauptbahnhofs und der unmittelbaren Umgebung fehlen? Warum gibt es bis heute keine Zahlen zu den tatsächlichen Umstiegsbeziehungen zwischen Fernbussen, Stadtbahnen und –bussen sowie dem Regional- und Fernverkehr der Bahn. Nur so ließen sich Aufenthaltsqualität und die Verknüpfung von Verkehrsbeziehungen nutzungsbezogen qualitativ verbessern.
Die veröffentlichten Ergebnisse erweisen sich als hoch widersprüchlich. So stehen die vorgetragenen Wünsche von Bürger/innen nach aktiver Aneignung des Stadtraums oftmals im krassen Gegensatz zu den zumeist nicht offen ausgesprochenen aber in den Plänen hinterlegten und mit ausgedehnter Versiegelung verbundenen verkehrlichen Ansprüchen. Frappierend sind die planerischen Umdeutungen der Bürger/innenwünsche zu attraktiven und lebendigen Anziehungspunkten (…) in Hochhäuser als „städtebauliche Highlights“ im Osten und im Westen des Plangebiets.
Ein ungelöster Zielkonflikt bleibt die mit großem Aufwand eingeforderte „Bürger/innenbeteiligung“ – die Planungswerkstatt konnte Fantasie spielen lassen – zugleich mussten jedoch im Vorfeld aufgestellte Denkverbote durchgehalten werden. Die technischen und entwerfenden Fachleute sollten sich zurückhalten und wussten am Ende doch alles besser. Im Ergebnis gibt es noch mehr Beton statt endlich mehr Grün.
Initiative „Garten statt ZOB“
im Januar 2017
PS: Ein Hoffnungsschimmer scheint zwischenzeitlich auf. Eine alte von uns bereits 2011 vorgetragene Idee ist offenbar in der Verwaltung erneut zur Diskussion gestellt. Aufgrund des Platzmangels für den Zentralen Fernbusbahnhof und der verkehrlichen Probleme bei der Erschließung der ehemaligen Gütergleise auf der hochliegenden Bahnebene wird intern darüber nachgedacht, ihn nach Nordosten in den Bereich zwischen Ravensburger Straße und der Bahntrasse zu verlegen und mit einem S-Bahn-Haltepunkt an den Hauptbahnhof und das regionale öffentliche Verkehrsnetz anzubinden. Mit der Stadtbahn könnte der Zentrale Fernbusbahnhof hier über die Haltestelle Glückaufstraße direkt erreicht werden.