Die Ergebnisse des beschränkten Planungswettbewerbs für die Nordseite des Hbf. liegen vor. Die pflichtschuldige Begeisterung von Politik und Medien klingt zu Recht halbherzig – so wenig Ideen für viel Geld, so alte Antworten auf neue Probleme, so wenig Anbindung der Nordstadt an das Zentrum der Stadt. Eben war das Projekt noch dringlich – plötzlich hat es viel Zeit bis zu einer Realisierung: Erst muss nun der Hbf. selbst fertig sein – das kann dauern.
Die Schwäche der Wettbewerbsarbeiten gründet auf der Ausschreibung, die lediglich Wachstumsdenken einforderte – entsprechend lieferten die Planungsbüros auch nur gestriges „Weiter so!“
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- 1. Die Festlegung der dringend notwendigen Frischluft- und Grünverbindung zwischen dem Norden und der City, zuletzt noch im Flächennutzungsplan 2004 festgehalten, wurde zugunsten von Angeboten für Investoren aufgegeben, noch verfügbare Flächen massiv zu bebauen und die klassischen Abgrenzungen der Innenstadt gegenüber den Bewohnern der „Arbeitervorstadt“ zu vervollständigen: Was die Kubatur der Agentur für Arbeit als Grenzziehung vorgemacht hatte, sollen nun weitere Bauten durch ihre Massen vollenden.
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- 2. Der Flächenfraß privater Nutzungen im bisher öffentlichen Raum wird hier planerisch vorbereitet. Im Ergebnis wird dies die lebendige Nutzung des städtischen Raums für seine Bewohner/innen weiter einschränken. Nur wer kaufkräftig ist, soll sich hier aufhalten und shoppen – wer nur auf einer Bank sitzen möchte, um Sonne zu genießen und Freunde zu treffen, macht sich verdächtig. Privatisierung macht das Allgemeingut Freiraum abhängig von den Risiken privater Ausnutzung, von Deformierung und Zerstörung der Lebensräume. Dortmund hat genug Beispiele dafür.
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- 3. Der private Auto- und Busverkehr steht vor einem dramatischen Kollaps und ist planerisch nicht mehr zu organisieren. Die bevorstehende Klimakatastrophe ist förmlich zu riechen, Fahrverbote sind in der Diskussion. Weder die hohe Feinstaub- und Stickoxidbelastung noch der Lärm waren Thema des Wettbewerbs. Der Planung wurde im Gegenteil die Aufgabe gestellt, die gesundheitliche und existentiell bedrohende Entwicklung der Busverkehre im ZOB und den angrenzenden Zu- und Abfahrtsstraßen noch massiv zu erhöhen.
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- 4. Die Bezirksvertretung In-Nord hat sich mit den Ergebnissen der Zukunftspläne befasst und sie zur Kenntnis genommen. Kritisch merkt die lokale Politik vor allem an, dass die in den Planungen überhaupt noch vorgeschlagenen Rest-Grünräume vor Ort ordnungspolitisch schlecht seien. Sorge vor „nicht regelkonformen Nutzungen“ machte sich breit. Selten ist eine so verächtliche Diskriminierung der Menschen ‚hinter der Bahnlinie‘ ausgesprochen worden – sie reiht sich nahtlos ein in die Abfolge von hysterischen Lob- und Schmutzkampagnen, von Diffamierungen, Razzien usw.
- 5. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass von Beginn an – also seit Ende des 19. Jahrhunderts – es noch nie gelungen ist, auch nicht nach den großen Zerstörungen des letzten Krieges, die Nordstadt zu einem ‚gut bürgerlichen Wohnquartier‘ zu machen. Die Nordstadt war immer das Zuhause der ‚einfachen Leute‘ und die brauchen das, was die Nordstadt bietet, z.B. kostengünstige Einkaufsmöglichkeiten und Gastronomie sowie allen kostenlos zugängliche öffentliche (Grün-)Räume statt Bezahl-Parks, hippe Sushiläden, Edeldiskos oder Coffeeshops mit Kaffeespezialitäten für 5 Euro aufwärts.